Odilon Auguste Joseph Wilkin wurde am 9. Mai 1902 in Amberloup geboren. Er war der Sohn von Nicolas Wilkin und Marie Moncousin. Er war Witwer von Victoire Marie Louise Broekman und der Ehemann von Cornélie Marie Gutkin. Mit dieser lebte er in Dison, zuvor in Verviers. Als Beruf ist für Odilon Wilkin „Händler“ eingetragen. Trotzdem verfügte er wohl nur über eingeschränkte Lese- und Rechtschreibkenntnisse.

Für die Justizbehörden war Odilon Wilkin kein unbeschriebenes Blatt: Zwischen 1927 und 1934 wurde er vier Mal wegen Landstreicherei verurteilt, dann mehrmals wegen Betrugs und Diebstahl, Beleidigung von Polizeibeamten, Trunkenheit in der Öffentlichkeit sowie wegen Rauchens in der Straßenbahn. Insgesamt zehn Verurteilungen zwischen 1927 und 1942, keine davon aus politischen Gründen.

Darüber hinaus war Odilon Wilkin zeitweise Anhänger der Rex-Partei und dafür bekannt, dass er seine Frau schlug, die sechs Jahre älter war als er. Beide seiner Ehen blieben kinderlos.

Ein angeblicher Selbstmordversuch im Alter von 18 Jahren infolge von Liebeskummer hinterließ laut eines Briefes seiner zweiten Frau aus dem Jahr 1952 an den für die Kriegsopfer zuständigen belgischen Staatsminister bleibende Folgen bei Odilon Wilkin. Er überlebte zwar den Kopfschuss, doch reagierte er anschließend oft äußerst impulsiv.

Dies mag sein Vorstrafenregister, sein bisweilen aggressives Verhalten in der Familie und, aus der Sicht seiner zweiten Frau, auch sein Verhalten zu Beginn des Krieges erklären.

Zu Beginn der Okkupation war Odilon Wilkin Mitglied der Rex-Partei und ging im Januar 1941 laut Aussage seiner Witwe infolge einer mehrere Monate währenden Trennung des Paares freiwillig im Bergwerk „Ruhrkohlen“ arbeiten. Für belgische Bürger wurde der Reichsarbeitsdienst erst mit dem Dekret vom 6. Oktober 1942 obligatorisch.

Anschließend, ab 1941 oder 1942, wurde Odilon Wilkin für den Widerstand tätig und verteilte regelmäßig Untergrundzeitungen (Aurore, Pourqoi pas nous?, La Meuse, Le Drapeau Rouge …). Ab dem 1. September 1943 wurde er Mitglied der Armée de la Libération, einer der Hauptgruppierungen des bewaffneten Widerstands in Belgien, und betreute Refraktäre, indem er ihnen Unterkunft, Nahrung und Waffen verschaffte.

Letzteres geht aus der von seiner Witwe eingereichten Akte zur Erlangung des Status des Politischen Gefangenen für ihn hervor. Aufgrund seiner freiwilligen Arbeit in Deutschland aber wurde ihm weder dieser Status noch der Ehrentitel zugestanden.

Odilon Wilkin wurde am Nachmittag des 4. Augusts 1944 infolge einer Denunziation des nach dem Krieg verurteilten Gestapo-Spitzels Charles Gérard aus Verviers von der Feldgendarmerie festgenommen. Neben politischer Aktivität wurde ihm illegaler Waffenbesitz vorgeworfen. Er wurde zunächst nach Verviers, dann nach Lüttich (05.08.1944 – 30.08.1944) gebracht, wohin ihm seine Frau noch Gepäck bringen sollte. Als sie dort ankam, war ihr Mann jedoch bereits verschwunden.

Er war zunächst nach Beverloo gebracht und später nach Neuengamme deportiert worden. Der Kelmiser Bürgermeister Peter Kofferschläger erinnerte sich in einer polizeilichen Aussage am 26. November 1945 daran, Odilon Wilkin im KZ Neuengamme zur Krankenstation gebracht zu haben, wo er in einem stark geschwächten Zustand gewesen sei, ohne jedoch, in Kofferschlägers Erinnerung, als direkte Folge davon gestorben zu sein. Sicher ist jedoch, dass er dort am 18. November 1944 ums Leben kam.