Victorine Marie Cornélie Clénebert wurde am 26. Juni 1906 geboren. Gemeinsam mit einem jüngeren Bruder und ihren Eltern Pierre François Clénebert und Victorine Marie Louise Denis wuchs sie in Stembert (deutsch: Steinberg, ein Vorort von Verviers) auf. Clénebert war französischsprachig und konnte nur unvollständig lesen und schreiben. Sie arbeitete als Angestellte in Verviers bei der Fédération du Peigné (Fédération de la laine peignée) und später beim Service du Ravitaillement. In ihrem Vorstrafenregister gab es keine Einträge. Am 11. Mai 1929 heiratete sie Marcel Vieillevoye. Das Ehepaar hatte keine eigenen leiblichen Kinder, nahm jedoch im Februar 1938 einen sechsjährigen spanischen Waisenjungen auf.

Victorine Clénebert gehörte seit ihrer Gründung der Widerstandsbewegung Front de l‘Indépendance (FI) an. Diese hatte das Ziel, belgische Widerstandskämpfer aller Überzeugungen und politischer Tendenzen zu vereinen. Die einzige Partei, die dem Front de l’Indépendance als Einheit beitrat, war jedoch die Kommunistische Partei Belgiens (KPB/PCB). Das Widerstandsnetzwerk koordinierte verschiedene Unterorganisationen, wie die Milices Patriotiques, die gegen Ende des Krieges gegründet wurden und die Alliierten bei der Befreiung unterstützen sollten.

Clénebert übernahm beim Front de l’Indépendance Verantwortung als Direktionssekretärin von Fernand Demany (1904-1977), Leiter und Mitbegründer der Gruppe. Sie war ebenfalls als Botin tätig. Am 1. Juni 1941 trat Clénebert den Milices Patriotiques bei. Sie war Anhängerin, vermutlich auch Mitglied, der Kommunistischen Partei Belgiens und im Bereich der Untergrundpresse tätig.

Am 2. März 1944 wurde Victorine Clénebert in Brüssel von der Gestapo festgenommen. Das Motiv für ihre Verhaftung lautete aus belgischer Perspektive „uneigennützige patriotische Aktivität“. Sie wurde nach ihrer Festnahme ins Gefängnis von St. Gilles (Brüssel) gebracht und noch am selben Tag in die Niederlande verlegt, zuerst in das Gefängnis von Scheveningen und anschließend ins Gefangenenlager Vught. Dort wurde sie festgehalten, bis sie im November mit zahlreichen anderen Gefangenen ins Frauenlager nach Ravensbrück verschleppt wurde. Hier arbeitete Victorine Clénebert in einem Atelier, in dem die Kleidung von Häftlingen repariert wurde. Schnell wurde sie sehr krank, und im Februar 1945 konnte sie kaum noch ohne Hilfe auf eigenen Beinen stehen.

Als das Lager Ravensbrück am 25. Februar 1945 geräumt wurde, um Platz für Gefangene anderer Konzentrationslager zu schaffen, wurden alle arbeitsfähigen Insassen nach Bergen-Belsen und alle alten und kranken in ein 30 Kilometer entferntes Lager gebracht. Dieses „Jugendschutzlager“ diente gegen Ende des Krieges als Vernichtungslager mit provisorischen Gaskammern. Die Transporte zu dem Lager wurden auch „schwarze Transporte“ genannt, da keiner der Gefangenen je zurückkam. Am 26. Februar wurde Victorine Clénebert, schwer krank und stark geschwächt, dort mit Giftgas ermordet.

Am 28. September 1949 wurde Clénebert vom belgischen Staat offiziell als politische Gefangene anerkannt. Da ihr Ehemann, ebenfalls politischer Gefangener, nach dem Krieg neu geheiratet und somit das Recht auf Unterstützungszahlungen verloren hatte, standen diese fortan ihrer Mutter zu.